Porta - das Tor zur Geschichte

Ein Podcast des Trierischen Volksfreunds

Straßennamen: Wer waren Gerty Spies, Regino oder Graf Leopold?

Erinnerung an Frauen und Männer: Opfer des Nationalsozialismus oder der Hexenprozesse

Veröffentlicht am 25.01.2024 / 18:45

Anmerkungen

Ob nun Ludwig van Beethoven, Regino von Prüm, Graf Leopold oder Anne Frank: Schaut man auf Karten, finden sich immer wieder Straßen, die nach Frauen und Männern benannt sind - und auch an Opfer dunkler Epochen unserer Geschichte erinnern wie den Nationalsozialismus. Wir haben einen Blick auf die Straßen unserer Region geworfen und einige Namen entdeckt - die wir in dieser Episode unseres Podcasts vorstellen. 


Ihr wollt mehr zum Namen eurer Straße in der Region Trier wissen? Dann meldet euch unter podcast@volksfreund.de


Mehr zur Diskussion um problematische Straßenbenennungen lest ihr auf volksfreund.de in einem Beitrag unseres Kollegen Harald Jansen: htps://www.volksfreund.de/region/trier-trierer-land/analyse-diskussionswuerdige-strassennamen-gibt-es-nicht-nur-in-trier_aid-66381719


Diese Straßen stellen wir vor:


Prüm, Reginostraße: Auf halbem Wege zwischen Trier und Köln liegt das Eifelstädtchen Prüm, dort ist eine Straße in einem Wohngebiet namens "Reginostraße" zu finden. Prüm ist eine historisch alte Stadt, die vor über 1200 Jahren aus der Gründung eines Klosters hervorging. Und einer der ersten Äbte dieses reich ausgestatteten Klosters war ein Mönch namens Regino (ca. 840-915). Er stammte wohl aus Altrip am Rhein und stand ab dem Jahr 892 der Mönchsgemeinschaft in Prüm vor. Regino kümmerte sich nach dem Normannenüberfall um den Wiederaufbau der Mönchsgemeinschaft und erstellte eine Übersicht der Besitzungen des Klosters. Zehn Jahre später verließ Regino Prüm, in Trier verfasste er mehrere Werke, unter anderem die "Chronica" - ein Geschichtswerk, welches die Zeit von Christi Geburt bis 906 umfasst.


Hermeskeil, Pastertsstraße: In einem Wohngebiet von Hermeskeil finden sich mehrere Straßen, die nach Persönlichkeiten der Hochwaldstadt benannt sind - eine von ihnen trägt den Namen von Maximilian Pasterts (1796 bis 1875). Er stammte aus dem benachbarten Züsch, war Besitzer des Züscher Hammers und später Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, wo er sich für die Interessen von Hermeskeil einsetzte. Als Bauunternehmer errichtete er die evangelischen Kirchen von Züsch (reformatorisch seit 1557) und Hermeskeil (wo erst nach der preußischen Annexion des Rheinlandes die Zahl der Protestanten allmählich zunahm). Mehr zu Pasterts hat der Hermeskeiler Heimatforscher Dittmar Lauer auf seiner Homepage zusammengestellt. Weitere Straßen in Hermeskeil, die nach Persönlichkeiten der Hochwaldgemeinde benannt sind, erklären wir in diesem Beitrag auf volksfreund.de:


Trier, Konstantinstraße: Benannt nach dem römischen Kaiser Konstantin (270-337), der die Verfolgung des frühen Christentums einstellte und stattdessen förderte und der Trier zu seiner Residenz erhob, wo er ein umfangreiches Bauprogramm startete. Nach ihm ist auch die einstige monumentale kaiserliche Empfangshalle, die Konstantinbasilika, benannt.


Trier, Simeonstraße: Erinnert an Simeon von Syrakus (980-1035). Der Emerit ließ sich in der Ruine des römischen Nordtors der Stadtummauerung einschließen, wo er drei Jahre später starb. Nach seinem Tod wurde Simeon auf Betreiben des Trierer Bischofs Poppo von Babelsberg heiliggesprochen und sein letzter Wohnort zur Wallfahrtskirche umgewandelt - es ist die heutige Porta Nigra.


Trier, St.-Helena-Straße: Helena war Konstantins Mutter (248-330, siehe oben) und wird in Trier als Heilige verehrt (ihr Haupt ist eine Reliquie im Trierer Dom). Bekannt wurde sie durch ihre Pilgerreise ins damalige Palästina, wo sie der Legende nach das Kreuz Jesus Christus und den "Heiligen Rock", das Untergewand Jesus, findet und nach Europa bringt. Der Heilige Rock ist eine der wichtigsten Reliquien des Bistums Trier. 


Daun, Leopoldstraße: Ein Feldherr in österreichischen Diensten war Graf von Daun in der Vulkaneifel. Doch geboren wurde Graf Leopold von Daun in Wien (1705-1766). Der Generalfeldmarschall kommandierte die Truppen der österreichischen Kaiserin Maria Theresia.


Trier, Adolf-Hitler-Platz: Der nördliche Vorplatz der Porta Nigra ist nach eben dieser benannt, doch zwischen 1933 und 1945 trug er den Namen des nationalsozialistischen Führers. Nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg wurde der Platz wieder zurückbenannt.


Trier, Gerty-Spies-Straße: Gertrud Grumprich (1897-1997) wurde in Trier in einer jüdischen Familie geboren. Ihr Vater war Kaufmann und Mundartdichter, ihre Mutter Krankenschwester. 1942 wird die Erzieherin und Dichterin ins KZ Theresienstadt deportiert. Sie überlebt und zieht nach München, wo sie auch eine Autobiografie verfasst, die die Zeit im KZ thematisiert. Die nach ihr benannte Straße wurde erst vor Kurzem umbenannt, jahrzehntelang erinnerte sie vielmehr an Paul von Hindenburg. Der einstige Kriegsheld und Reichspräsident, der 1930 Trier besuchte, ist heute umstritten. Er höhlte die deutsche Demokratie aus und verhalf Adolf Hitler 1933 zur Macht.


Trier, Gertrud-Schloss-Straße: Über 600 Trierer Juden wurden durch die Nationalsozialisten deportiert, die meisten von ihnen wurden in den Vernichtungslagern im Osten Europas ermordet - so wie Gertrud Schloss (1899-1942), ihre Mutter und ihr Bruder. Die Triererin war in den Zwischenkriegsjahren bei den Sozialdemokraten aktiv. Sie war Feministin, Theaterautorin und zudem homosexuell. 1939 konnte sich nach Luxemburg fliehen, doch mit dem Einmarsch der Wehrmacht geriet Gertrud Schloss erneut ins Fadenkreuz der Nazis und wurde 1941 deportiert. An sie und ihre Familie erinnern neben der Straße im Stadtteil Feyen auch Stolpersteine vor dem Haus Saarstraße 31. 


Wittlich, Anne-Frank-Straße: Die in Frankfurt/Main geborene Anne Frank (1929-1945) flieht mit ihrer Familie vor den Nazis in die Niederlande. Dort verstecken sich die Franks zwei Jahre lang. In dieser Zeit führt Anne Frank ein Tagebuch, das aus dem Alltag und ihren Hoffnungen erzählt. 1944 wird die Familie entdeckt, Anne Frank stirbt ein Jahr später im KZ Bergen-Belsen. 


Traben-Trarbach, Lorettastraße: Dieser Name erinnert an Frauenpower im Mittelalter, als eine Loretta an der Mosel dem Bischof von Trier die Stirn bot. Die Rede ist von Loretta von Sponheim oder Starkenburg (eine Burg oberhalb von Traben-Trarbach). Die junge Frau (1300-1346) regierte für ihren minderjährigen Sohn dessen Besitzungen und musste sich der territorialen Expansionspolitik des Trierer Kurfürsten und Erzbischofs, Balduin von Luxemburg, erwehren. Das führte dann 1330 zu einer spektakulären Aktion, als Loretta den Kleriker überfiel und wochenlang als Gefangenen auf ihrer Burg festhielt, bis beide Seiten zu einer Übereinkunft kamen. Mehr hierzu hört ihr übrigens in unserem Podcast in einer früheren Episode.


Bernkastel-Kues, Cusanusstraße: Noch mehr Mittelalter findet sich auch in Bernkastel-Kues, wo Nikolaus von Kues (lebte 1401-1464), auch bekannt als "Cusanus", aufwuchs. Der junge Mann stieg im Laufe seines Lebens zum Kardinal in päpstlichen Diensten auf, war zeitweilig Bischof von Brixen und verfasste quasi nebenbei mehrere philosophische und rechtliche Schriften. Seiner Heimatstadt hinterließ er ein bis heute funktionierendes Altersheim, das Cusanusstift, welches an der gleichnamigen Straße am Moselufer zu finden ist.  Auch zu Cusanus Wirken findet ihr eine Folge unseres Podcasts.


Trier, Dietrich-Flade-Straße: In einem Neubaugebiet in Trier erinnert diese Straße an ein Opfer der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung, der allein in der Region hunderte Unschuldige zum Opfer fielen. Dabei war Dietrich Flade (1534-1589) selbst nicht unschuldig, denn der geachtete Bürger der Stadt Trier, Rektor der Universität und Richter hatte selbst mehrere Frauen wegen angeblicher Hexerei verurteilt. Doch ab 1586 geriet Flade selbst ins Visier der Hexenjäger aufgrund mehrerer Anschuldigungen. Ein Fluchtversuch scheiterte, am Ende wurde Flade zum Tod verurteilt. 


Binsfeld, Peter-von-Binsfeld-Straße: In der Eifelgemeinde Binsfeld wurde 1545 Peter von Binsfeld geboren (gest. 1598). Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Binsfeld konnte in der benachbarten Abtei Himmerod studieren und lebte eine Zeitlang in Rom. Später wirkte der Weihbischof in Trier zur Zeit der Hexenverfolgungen und war zeitweilig Rektor der damaligen Universität. Sein "Hexentraktat" lieferte die theoretische Begründung der Hexenprozesse. Binsfeld starb 1598 an der Pest. Mehr zu den Hexenverfolgungen hat uns Rita Voltmer von der Uni Trier in zwei Episoden unseres Podcasts erzählt.


Weitere Beiträge zur Geschichte der Region lest ihr auch auf http://www.volksfreund.de/porta und volksfreund.de/geschichte.


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Text: Miguel Castro, volksfreund.de